Coaching – die Unterschiede

Im eigentlichen Sinne gibt es keinen „Coachingmarkt“, denn das würde ein einheitliches Coachingverständnis erfordern. Gegenwärtig ist das Verständnis von Coaching weder einheitlich definiert noch in irgendeiner Form geregelt.

Ein Berater verfügt über faktisch richtiges Wissen in einem Themenbereich, das er auch zur Deutung von thematischen Zusammenhängen nutzt. Seine Sprache (Intervention) orientiert sich an thematisch-faktisch richtigen Lösungen.

Ein Trainer initiiert und organisiert Lernprozesse, die sich an der richtigen Erkenntnis (Faktenwissen) und dem richtigen Anwenden von Wissen orientieren. Der Maßstab für „richtig“ wird vom Trainer oder seinen Auftraggebern festgelegt.

Ein Supervisor controllt mit dem Supervidierten dessen Arbeitsergebnisse, die auf Fakten- und Methodenwissen von Verhalten basieren. Die Basis dafür ist eine am Arbeitsinhalt und Arbeitsbedingungen orientierte Feedback-Systematik, die im Vorwege durch den Auftraggeber der zu leistenden Arbeit festgelegt wurde.

Ein Mentor bietet dem Mentee eigene Lösungs- und Netzwerkerfahrungen im thematischen Kontext des Mentee an. Er ist Reflektor auf Basis individueller „historischer“ Erfahrungen.

Eine Führungskraft nimmt Einfluss auf operatives Verhalten und Entscheidungen von Mitarbeitern, um in seiner gedeuteten Wahrnehmung der richtigen Umsetzung von Unternehmenszielen und Unternehmensstrategien Mitarbeiter und sich selbst erfolgreich zu machen.

Ein Mediator bietet Streitparteien Lösungen zur Konfliktbefriedigung an, die er nach Diagnose und Bewertung der Streitenden und ihren Situationen als wohl gemeinsam attraktive Lösung erachtet.

Ein systemischer Management Coach (SMC) stellt einen „Organisationsrahmen“ zur Verfügung, der dem Coachee konsequent garantiert, ohne direkte und/oder indirekte Beeinflussung durch Dritte, seine Situation selbst analysieren zu können und aus der bewerteten Analyse eigene Lösungen zu generieren.

Unterscheidung von Coachingverständnissen nach der Neuen Hamburger Schule (NHS)

Konkrete Unterschiede im Coachingverständnis

Das Thema Coaching wird in der Praxis sehr unterschiedlich gedeutet. Oft wird es als Synonym für Beratung, Training, Führung, Supervision, Mentoring udgl. genutzt.
Einen Maßstab oder eine allgemein anerkannte Definition für „richtiges“ oder „falsches“ Coaching gibt es nicht. 

Grundsätzlich unterscheiden sich Coachingverständnisse, basierend auf einem konkreten Menschenbild, in dem,

  • was durch Coaching erreicht werden soll und
  • in der Art und Weise wie Coaching das erreicht.

Wir verstehen Coaching so, dass Coaching eine gedanklich geklärte und emotional gewollte nachhaltige Selbstlernkonzeption des Coachee, der Gruppe oder des Teams für zukünftiges Handeln in thematischen Kontexten erreicht.
Nach dem Coaching wird der Coachee (bzw. die Gruppe oder das Team) einerseits erkannt haben, wie er selbst künftig einem konkreten Thema erfolgreich (alternativ) begegnet und hat dazu einen Handlungsplan entworfen – andererseits ist dieser Erkenntnisgewinn durch den Coachee auch auf vergleichbare thematische Kontexte übertragbar.
Somit entsteht sprichwörtlich eine „Hilfe zur Selbsthilfe“:
Der Coachee kann sich selber coachen und „befreit“ sich vom Coach.

Der zentrale Unterschied zu anderen Coachingverständnissen ist darin begründet, dass ein Systemischer Management Coach (SMC)® Coaching  nicht als Beratung auf Prozessebene oder Toolsammlung für eine individuelle Verwendung im Gesprächsverlauf begreift, sondern Coaching als themendefinierten Kontext.
Dieser Themenkontext unterliegt in der Bearbeitung der konsequenten Orientierung des Coachs an den Werten Freiheit, Freiwilligkeit, Selbststeuerung und Ressourcenverfügung.  So entsteht ein wertegeleiteter Kontext, der es dem Menschen ermöglicht, sich selbst zu entwickeln.
Innerhalb dieses Kontextes ist der eigentliche Star der Coachingprozess. Er ist die grundsätzliche und wiederholbare Vorgehensweise für Untersuchungen und Entwicklungskonzeptionen.
Systemisches Management Coaching stellt die Struktur und den Rahmen zur Entwicklung bereit.

Der Coach verantwortet den Coachingprozess und vereinbart den Kontext mit seinem Coachee.
Der Coachee verantwortet die Entwicklung eigener Lösungen und deren Umsetzung in seine Praxis.

Menschenbild und werteorientiertes Handeln

Unser Menschenbild  leitet sich aus dem  Humanismus, dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem  Konstruktivismus ab.
Ausdruck dieses Menschenbildes ist die Orientierung an vier zentralen, nicht verhandelbaren, Grundwerten, die uns als Coach in unserem Verhalten leiten: 

  • Freiheit
    bedeutet, dass der Coachee selbst entscheidet, ob er sich coachen läßt, zu welchem Anliegen er sich coachen läßt, womit sein Thema zusammenhängt, welches Ziel er festlegt, welche Erkenntnisse/Modelle/Strukturen er als Ressourcen verwenden will, wie er sich zukünftig selbst organisiert und wie er seine eigenen Fortschritte kontrolliert. Der Coach verzichtet demzufolge auf jede bewußte Manipulation.
  • Vertraulichkeit
    bedeutet, dass Informationen aus dem Coaching nicht weiter gegeben werden. Die Darstellung des Coachs wäre konstruktivistisch. Seine Interpretation kann dem Coachee schaden.
  • Ressourcenverfügung
    bedeutet, den Menschen so zu sehen, dass er über alle Ressourcen, die er zur Veränderung benötigt, selbst verfügt.
  • Selbststeuerung
    bedeutet, den Menschen so zu sehen, dass er sich selbst „steuern“ bzw. selbst organisieren kann.
    (In der Therapie muss von einem Menschen ausgegangen werden, der sich in einem Kontext nicht selbst steuern kann und demzufolge Hilfe benötigt.

Orientierung an den Persönlichkeitsrechten

Eine Wurzel in der Werteorientierung von Coaching kann im allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG zur freien Entfaltung der Persönlichkeit gesehen werden. Es schützt nicht nur den individuellen Achtungsanspruch einer Person sondern auch die individuelle Lebensgestaltung. Dieses Freiheitsgrundrecht leitet sich aus der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG und der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG ab.

Berücksichtigung des Konstruktivismus

Jeder Mensch bewertet die Zusammenhänge und Abhängigkeiten eines Themas aus dem heraus, was ihm persönlich in Bezug einen erfolgreichen Umgangs mit diesem Thema von Bedeutung ist. Hinter dieser Bewertung stehen Faktenwissen, reflektierte Erfahrungen, Motive, Werte, Bedürfnisse, Gefühle und Begabungen (Intelligenzien), auf der Basis des eigenen Wahrnehmungsvermögens. Der Mensch konstruiert sprichwörtlich „seine“ Wirklichkeit.
Würde ein Coach die Zusammenhänge des Themas seines Coachee oder den Coachee selbst bewerten (diagnostizieren / analysieren), so würde er das, basierend auf seiner Wahrnehmung bzw. seiner Wirklichkeitskonstruktion tun. Er konstruiert und leitet aus seiner Interpretation des Beobachteten seine Handlungen in Bezug auf den Coachee ab.
Systemisches Management Coaching berücksichtigt konsequent die Erkenntnisse des Konstruktivismus und verzichtet daher auf jede Bewertung durch den Coach.
So wird dem Coachee ermöglicht, Zusammenhänge seines Themas (systemisch) selbst zu erkennen und zu bewerten und daraus erfolgreiche Veränderungen abzuleiten.
Das Verständnis von Konstruktivismus basiert in der modernen Wissenschaft in der Regel auf Arbeiten von Piaget, Glaserfeld, von Förster und Watzlawick.

Prozessorientierung

Wird die Struktur des Handelns interaktiv aus dem Geschehen im Coaching abgeleitet, so besteht grundsätzlich die Gefahr, dass die Struktur aus der konstruktivistischen Bewertung des Coachs entsteht und damit dem folgt, was der Coach selbst für seinen Cochee (die Gruppe/das Team) als wichtig erachtet.
Eine solche Struktur ist einerseits nicht qualitativ bewertbar, andererseits besteht die Gefahr der Manipulation.
Gleichzeitig entsteht durch die Notwendigkeit von „Versuch und Irrtum“ eine Überbetonung der Beziehung zwischen Coach und Coachee, verbunden mit einem hohen Zeitbedarf.
Systemisches Management Coaching folgt einem definierten, wissenschaftlich hergeleitetem Prozess, der grundsätzlich die Wahrnehmung des Coachee in Bezug auf die Zusammenhänge seines Veränderungsthemas erweitert, die Entscheidungsfähigkeit fördert und, basierend auf der Selbstorganisation identifizierter Ressourcen, alternative Handlungsmöglichkeiten ermöglicht.
Der Prozess selbst wird durch den Coach so transparent gehalten, dass es dem Coachee möglich ist, diesen Prozess selbst im Sinne der „Hilfe zur Selbsthilfe“ für vergleichbare Themen zu nutzen.
Unser Prozess ist abgeleitet aus der Kepner-Tregoe-Methode, dem Selbstorganisierten Lernen, der Transfertheorie und den Erkenntnissen von Heinz Heckhausen und seinen Schülern.

Zusammenspiel von Deduktion und Induktion und daraus abgeleitete Reflexionsfragen

Bietet der Coach das Ergebnis seiner Bewertung seinem Coachee zur Reflexion an (Bsp.: „Mal angenommen, Sie würden mehr delegieren, welchen Vorteil hätten Ihre Mitarbeiter dadurch?“), so wird der Coachee nur über diesen angebotenen Zusammenhang reflektieren und ihn nach seinem emotionalen Nutzen bewerten. Er schließt weder (induktiv) auf generelle Zusammenhänge, noch hat er die FREIHEIT, die vom Coach zur Bewertung verwandte Struktur selbst zu verwenden und daraus (deduktiv) eigene Erkenntnisse abzuleiten. 
Ein Systemischer Management Coach (SMC)® bietet in jeder Phase des Coachingprozesses abstrakte Strukturen an, aus denen der Coachee (die Gruppe, das Team) selbst konkrete Erkenntnisse für sein konkretes Thema ableitet (Deduktion).
Diese abgeleiteten Erkenntnisse wiederum nutzt der Coachee, um konkrete Zusammenhänge in Bezug auf sein Thema zu erkennen (Induktion).
Die Möglichkeit, neben dem Coachingprozess auch die im Coaching verwandten abstrakten Strukturen (Modelle, Theorien, Axiome) nach dem Coaching als Coachee selbst zu verwenden ermöglicht eine erfolgreiche „Hilfe zur Selbsthilfe“.

Beratende und/oder unterstützende Coachingverständnise leiten sich aus einem systemtheoretischen Verständnis (Beobachter des Beobachter) ab. Hier ist der Coach der Beobachter/Deuter des Coachee als Beobachter.
Deshalb belegen wir so ein Coachverhalten mit dem Begriff „autoritär“.
Autoritär kommt aus dem Französischem und meint „sich bevollmächtigen“.

Orientierung an wissenschaftlichen Erkenntnissen

Der Coachingprozess und alle vom Systemischen Management Coach (SMC)® verwandten Modelle, Theorien und Axiome basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Im Coaching bildet der Coach auf dieser Basis auschließlich Hypothesen, um seinem Coachee zur Identifikation seiner Ressourcen geeignete Strukturen anbieten zu können.
Diese Orientierung gewährleistet, dass das Handeln des Coach nicht durch Lebenserfahrung begründet wird, sondern auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert.