Wer sind eigentlich die Systemiker?

Als mir diese Frage gestellt wurde, war ich zunächst etwas überrascht. Sollte hier ein weitere „Hype“ gestartet werden? Und was soll das mit Coaching zu tun haben?
Das Wort Systemiker wird auffallend oft durch die Zeitschrift Wirtschaft und Weiterbildung „gefeatured“.Wer das Wort erfunden hat bleibt mir unklar. Augenscheinlich verbirgt sich dahinter eine Initiative aus Heidelberg mit klaren wirtschaftlichen Interessen. Gerne wird in diesem Zusammenhang auch auf Fritz B. Simon verwiesen – einen Systemiker. Das Coachingverständnis der Systemiker basiert eher auf „Beratung“ und ist – soweit bekannt – nicht beschrieben. Muss es ja auch nicht. Wenn unter Coaching Beratung verstanden wird, kann der Rat ja aus vorhandenen Systemtheorien abgeleitet werden. So muss der Coachee kein Buch lesen.
Nun ist es sicherlich ein Erkenntnisgewinn, sich einmal die soziologische Systemtheorie und verschiedene Selbstorganisationstheorien dynamischer Systeme anzutuen.
Systemtheorien unterscheiden, vereinfacht gesagt, je nach Theorie Systeme anhand von Merkmalen. Ein Berater nutzt diese Merkmale, um ein System zu diagnostizieren. Zwangsläufig benötigt er dazu eine Idee von einem „funktionierenden System“. Sonst ist es nicht möglich, Abweichungen festzustellen. Er ist also „schlauer“ als der Coachee.
(Ironischerweise enthalten die Curricula der unter „Systemiker“ auffindbaren Coachausbildungen keine Anteile an Systemtheorien ovgl.. Es sind eher deutliche Elemente aus der „systemischen Therapie“ enthalten.)
„Systemiker“ können Ihren therapeutischen background nicht verstecken. Wer den oft referenzierten „Pabst der Systemiker – Fritz B. Simon – googelt, stößt auf Therapie.
Therapie ist ein notwendiger Bestandteil unseres gesellschaftlichen Lebens und sinnvoll, wenn denn doch einmal die Selbststeuerung oder der Ressourcenzugriff fehlt.
Doch was hat das im „Business“ zu suchen? Letzten Endes besteht zu jeder Zeit die Gefahr, dass Coachs, die sich Systemiker nennen und auch so ausgebildet wurden, einen gesunden Menschen als „fehlerhaft“ diagnostizieren und daraus ein ganz individuelles Trainingsprogramm ableiten, um die von Ihnen festgestellten „Fehler“ (z.B. dysfunktionale Verhaltensmuster) zu beheben.

1 Kommentar
  1. Salomon
    Salomon sagte:

    Systemiker tun genau das Gegenteil. Sie decken keine Fehler auf, kein gesunder Mensch wird als „fehlerhaft“ bezeichnet. Systemiker gehen eher davon aus, dass Menschen sich evolutiv entwickeln, also sich an Bedingungen anpassen. Sie sind sozusagen intelligente Anpassungsleistungswesen. Wenn jemand eine Schwierigkeit hat, ist das kein Fehler, sondern ein Zeichen hocher Anpassungsfähigkeit. Wenn dieser Jemand schon über diese Fähigkeit verfügt, kann er sie nutzen für eine neue Anpassungsleistung, die die Schwierigkeit überwindet.

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