Abwertung – ein deutsches Problem?
Das in den Medien mal jemand etwas gut findet oder konstruktive Vorschläge macht, ist selten und beileibe kein auf Deutschland begrenztes Problem. Eher geht es darum, über Probleme etwas zu verkaufen. Probleme erzeugen Aufmerksamkeit. Wenn es keine gibt, werden Probleme gemacht.
Die Medien, als vierte Gewalt im Staate, können das besonders gut. Vermutlich sind es nicht nur rein betriebswirtschaftliche Gründe, da irgendwelche Marktforschungsstudien sagen, dass das sinnvoll ist. Vermutlich liegt in dieser Art des Journalismus auch eine tiefe Befriedigung für den Journalisten selbst, kann er doch als Teil dieser Gewalt seine Sicht der Welt weit verbreiten.
Wie macht man Probleme?
Ein Problem zu erfinden oder zu entdecken ist ein kreativer Akt. Zuerst benötigt man einen Maßstab bzw. eine Bewertungsstruktur. Das hilft dabei Abweichungen festzustellen und Probleme zu entdecken. Der Könner betrachtet jetzt noch die (systemischen) Folgen, die mit dem Problem einhergehen und bewertet sie (wieder mit einem Maßstab). Eine Abweichung mit negativen Folgen wäre demnach ein Problem.
Richtig kreativ wird es, wenn der Bewertungsmaßstab willkürlich ausgewählt oder verändert wird.
Mit gutem Beispiel geht hier die Pharma Branche vor: Von Zeit zu Zeit werden die Schwellwerte geändert. Was gestern noch ok war, ist mit dem neuen Maßstab ein Problem (Nur die Folgen werden selten betrachtet). Die Lust am Abwerten hilft dabei, sich selbst über andere zu erheben.
Probleme müssen Emotionen treffen (sonst verkauft´s sich nicht)
Es muss gar nicht ein eigenes Problem sein. Viel schöner ist es manchmal, seine Schadenfreude auszuleben oder das tolle Gefühl zu haben „gut, dass das nicht mir passiert ist oder mir passieren kann“
Sehr gut verkaufen sich Probleme in Verbindung mit verletzten, moralisch abgesegnete Werten. Wie z.B. im Krankenhaus der Wert „Patientenwohl“ oder „Kindeswohl“ in Schule oder Kita. Allgemeiner sind auch Werte wie „Gesundheit“ und „ökologisch“ und „Stabiltät/Sicherheit“ in Deutschland soweit verankert, dass ein Verstoß sofortige Sanktionierung (in welcher Form auch immer) nach sich zöge. Für den Wald-und-Wiesen-Journalisten ein einfaches Rezept: Es gilt, in der „headline“ genau diese Erkenntnisse unterzubringen, d.h. über die Wertverletzung Emotionen anzusprechen und so ein Weiterlesen auszulösen.
Sie können ja mal ein paar Formulierungen ausprobieren:
- Verdacht auf Kindesmissbrauch in deutscher Eliteschule
- Schweizer Manager verursacht Schaden im unteren dreistelligen Milliardenbereich
- Gesundheitsgefährung durch Orangensaft möglich.
Für einfallslose Journalisten gibt es noch die Frage:
- Ist der Papst bereits ein Moslem?
- Tritt Deutschlands Bankrott früher ein als erwartet?
- Abwertung – ein deutsches Problem?
Na? Ein wenig Lust am Weiterlesen verspürt?
Ich stelle an dieser Stelle einmal die These auf, dass „Medien“ einzig und allein die Absicht verfolgen zu verkaufen und der Journalismus nur mehr Mittel zum Zweck ist. Darüber hinaus gibt es Medien, die einen Anspruch als vierte Gewalt haben. Um dem gerecht zu werden, werden alle psychologischen Tricks ausgeschöpft. Der Leser ist dabei nur der Geldgeber und erhält einen Unterhaltungswert.
In der Spiegel-Affäre haben „die Medien“ erstmals deutlich belegt, dass sie einen Anspruch als 4te Gewalt im Staate erheben. Sie griffen massiv in das politische Geschehen ein. Bildeten Meinung und versprachen Orientierung. Auch dieses Problem wurde geschaffen.
Es gibt Strömungen, die sich „konstruktiver Journalismus“ nennen. Hier gehört es zu guten Ton z.B. Beispiele zu liefern, wie andere dasselbe Problem gelöst haben. Das ist mitnichten emotionsfrei nur weitaus weniger reißerisch.
Doch was hat das nun mit Coaching zu tun?
Ein zentrales Anliegen ist die Entscheidungsfähigkeit und eine typische damit einhergehende Frage „Woher wissen Sie, dass diese Entscheidung richtig ist?“ Es geht darum zu reflektieren, welchen Maßstab ich nutze, um „richtig“ von „falsch“ zu unterscheiden und ob dieser Maßstab der Richtige ist. Kurz: Es geht um die Kunst der BEWERTUNG.
Der größte Antreiber für Konsum ist der TRIEB, der auf Angst basiert. Dann laufen die Kunden, wie eine Herde. Bedarf beinhaltet ein DÜRFE. Und die Erlaubnis kann ich ja erteilen, wenn ich zuvor etwas verboten habe, das im Grunde frei ist. Auf einer freien Fläche kann ich mein Auto abstellen. Dann wird es verboten, damit es für Geld eine Erlaubnis gibt es dort abzustellen. Die Werbung nennt das KÜNSTLICHE (weil nicht natürliche) Verknappung. Und wenn ich nichts habe, was ich dem Kunden wegnehmen kann, dann mindere ich den Wert seines Besitzes. Im frevelhaftesten Fall nutze ich die jedem innewohnende Lebensqualität und werte diese im Vergleich zu Markenkonsumenten ab. Und schon läuft die Marketingmaschine seinen Lauf. Gebe ich einem Hund einen Knochen, den er vorher nicht hatte, kann ich diesem ihm weg nehmen und schon habe ich ein ver-HANDEL-bare Ressource. Dies ist allen kostenlosen Angeboten zu eigen. Spotify geht ja bei dem kostenlosen User sogar soweit, ihn durch die Werbeeinspielung durch Genrefremde Musik und sogar verbale Beleidigungen, weil man ja umsonst hört MUSS man sich das gefallen lassen sich anschreien zu lassen, es sei denn, man erkauft sich die Ruhe und Gelassenheit, die man hatte, als es das Angebot noch nicht gab und man tatsächlich Musikträger besessen hat.
Der Artikel ist super. Aber der Leser ist nicht nur der Geldgeber. Er bezahlt mit Lebenszeit und Lebensraum (manchmal Stauraum für Konsumgüter, die nur den Auftrag hatten, den Konsumenten zu bewegen).
Und das problematische an einem Problem ist, dass es eine Lösung gibt. Welche ist total egal. Ist sie falsch, so ist sie in der allerkleinsten Erscheinung richtig. Ist sie richtig, so ist sie in der allergrößten Übermaß-Repräsentation definitiv kontraproduktiv und falsch.
Wir sollten lernen, Problem und Lösung von generalisierten Zusammenhängen zu entkoppeln und darunter den Fokus auf unser innewohnendes Bedürfnis einer Person oder eines Individuums zu konzentrieren.
Denn statt einkaufen zu gehen, kann ich auch nur GEHEN – mit 100 Prozent gleichem Ergebnis.
Herzlichen Dank. Ihr Schluss-Satz ist klasse. Ein wenig erinnert mich unser beider Herangehen an Marx Kritik am Kapitalismus. Einfach beschreibbar durch das Wort „mehr“ in dem das eigentliche Problem zu liegen scheint.
Ich höre immer auf meinen Bauch. Der hat sich auch schon häufig für das Falsche entschieden. Dann war immer wichtig, dass ich etwas aus der Situation gelernt habe.