Operative Wirkfaktoren

Klarer, festgelegter Coachingprozess
Wenn Coaching ein Ziel hat bzw. ein Ergebnis erwartet, dann wird dieses Ziel mithilfe einer Methode erreicht – dem Coachingprozess. Mithilfe des Prozesses (siehe Coachingprozess der Neuen Hamburger Schule) wird das Lernen bzw. die selbstgewollte Veränderung des Coachee so organisiert, dass das Ziel von Coaching eintritt und die Anliegen von Coaching realisiert werden. Der Prozess ist reproduzierbar und wissenschaftlich u.a. aus der Kepner-Tregoe-Methode, dem Selbstorganisierten Lernen, der Transfertheorie und den Erkenntnissen von Heinz Heckhausen und seinen Schülern abgeleitet.

Wird die Struktur des Handelns vom Coach interaktiv aus dem Geschehen im Coaching abgeleitet, so besteht grundsätzlich die Gefahr, dass die Struktur aus der konstruktivistischen Bewertung des Coachs entsteht und damit dem folgt, was der Coach selbst für seinen Coachee als wichtig erachtet.

Eine solche Struktur ist einerseits nicht qualitativ bewertbar, andererseits besteht die Gefahr der Manipulation.

Gleichzeitig entsteht durch die Notwendigkeit von “Versuch und Irrtum” eine Überbetonung der Beziehung zwischen Coach und Coachee, verbunden mit einem hohen Zeitbedarf.

Die Qualität und das Ziel des dem Coaching zugrunde liegenden Prozesses beeinflusst die Wirkung von Coaching.

Existiert ein fachlich qualitativ abgesicherter Prozess, so Coaching kann dahingehend in seiner theoretischen Wirkung bewertet werden, ob der Coachingprozesses eingehalten wurde.

Die Wirkungserwartungen des Coachingprozesses, seiner Phasen und Teilphasen sind in der „Methodik“ beschrieben.

Konsequente Berücksichtigung des Konstruktivismus

Ein Mensch deutet seine (Um-)Welt aus dem heraus, was ihm persönlich wichtig ist und aus dem heraus, was er selbst als zusammenhängend (systemisch) zu erkennen in der Lage ist.

Würde ein Coach seinen Coachee und das Thema seines Coachee deuten, so wäre das eine konstruktivistische Deutung des Coachs, der eben das aus dem, was er entweder aus seiner Erfahrung heraus als wichtig ansieht oder aber aus der Anwendung systemtheoretischer Erkenntnisse heraus als zu berücksichtigendes Merkmal interpretiert.

Ob ein Coachee die Deutung seines Coachs nachvollziehen und emotional akzeptieren kann hängt von einer Vielzahl von Variablen ab.
Bietet ein Coach seinem Coachee einen, vom ihm als Coach als wichtig erachteten, Zusammenhang (zur Reflexion) an, kann nicht sichergestellt werden, dass der Coachee ebenfalls diesen Zusammenhang als “zu seinem Thema gehörend” erkennt. Erkennen bezieht sich darauf, dass der Coachee etwas an seine bisherigen Erfahrungen emotional andocken kann.

In der Konsequenz kann das einerseits zu Widerständen führen, andererseits dazu, dass der Coachee mit dem Angebot des Coachs sprichwörtlich “nichts anfangen” kann.

Jede Deutung durch den Coach (vgl. einer Diagnose) und einer damit einhergehenden Ableitung von Interventionen, vernachlässigt die Erkenntnisse des Konstruktivismus und birgt die Gefahr der Beeinflussung des Coachee als Folge der Diagnose des Coachs.

Ein Coaching kann dahingehend in seiner Wirkung bewertet werden, ob die Erkenntnisse des Konstruktivismus berücksichtigt wurden

Menschenbild und Wertorientierung

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG). Es schützt nicht nur den individuellen Achtungsanspruch einer Person sondern auch die individuelle Lebensgestaltung. Dieses Freiheitsgrundrecht leitet sich aus der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG und der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG ab.

Das Menschenbild auf dem das Coachingverständnis der Neuen Hamburger Schule beruht, leitet sich aus dem Humanismus, dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Konstruktivismus ab.

Ausdruck dieses Menschenbildes ist die Orientierung an vier zentralen, nicht verhandelbaren, Grundwerten, die den Coach in seinem Verhalten leiten:

  • FREIHEIT, d.h. der Coachee (die Gruppe, das Team) hat zu jedem Zeitpunkt in der Zusammenarbeit mit seinem Coach die Möglichkeit, aber auch die Verantwortung, eigene Zusammenhänge zu bilden und daraus Handlungen abzuleiten, mit denen er zukünftig erfolgreich ist.
  • FREIWILLIGKEIT, d.h. der Coachee (die Gruppe, das Team) entscheidet selbst, was er verändern will, welches Ziel er damit verfolgt und welchen Weg er dazu einschlagen wird.
  • SELBSTSTEUERUNG, d.h. der Coach sieht seinen Coachee (die Gruppe, das Team) so, dass er ihm zutraut, Veränderungs- anforderungen selbst zu erkennen und sich selbst so zu steuern bzw. zu organisieren, dass er ihnen erfolgreich begegnet.
  • RESSOURCENVERFÜGUNG, d.h. d.h. der Coach sieht seinen Coachee (die Gruppe, das Team) so, dass er ihm zutraut, selbstständig Zugriff auf die Ressourcen, die er für eine erfolgreiche Veränderung benötigt, zu haben und seine Ressourcen in Bezug auf die Anforderungen seines Themas selbst organisieren kann.

Ein Coaching kann dahingehend in seiner Wirkung bewertet werden, ob die konsequente Orientierung an diesen Werten garantiert war, d.h. ob das Coaching zu keiner Zeit manipulativ war.

Orientierung an wissenschaftlichen Erkenntnissen

Der Coachingprozess und alle vom Coach verwandten Modelle, Theorien und Axiome basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und können durch andere fachlich geprüft werden. Die auf diese Weise mögliche Qualitätsüberprüfung dient der fachlichen Absicherung der Wirksamkeit.

Wählt ein Coach, z.B. orientiert an den therapeutischen Wirkfaktoren, geeignete Interventionen aus, so wird er sie dramaturgisch so arrangieren, dass die Summe der beabsichtigten Wirkungen beim Coachee zum erwarteten Ergebnis des jeweiligen Coachings führen. Die Auswahl der Wirkfaktoren basiert dabei auf einer konstruktivistischen Deutung des Coachs.

Lernen wird durch den Coach selbst so organisiert, wie der Coach es in diesem Moment für förderlich erachtet. Diese Entscheidungen des Coachs für sein Vorgehen können in der Regel nicht fachlich belegt werden. Eine Ausnahme bildet die Therapie, die sich in Ihrer Diagnose auf fachlich vereinbarte Raster stützen kann (z.B. ICD 10).Ein Coach ohne therapeutische Qualifikation kann und darf das nicht.

Mit dem konsequenten Verzicht auf jede Bewertung durch den Coach ist eine fachliche Überprüfung sehr wohl möglich und stellt durch die so gegebene Möglichkeit der Überprüfung durch andere einen qualitativen Wirkfaktor dar.

Ein Coaching kann dahingehend in seiner Wirkung bewertet werden, ob die fachliche Grundlage wissenschaftlich nachvollziehbar ist.

Hypothesenbildung
Im Coaching bildet der Coach ausschließlich Hypothesen auf Basis wissenschaftlich überprüfbarer Modelle, Theorien und Axiome, um seinem Coachee zur Identifikation seiner Ressourcen geeignete Strukturen anbieten zu können.

Diese Orientierung gewährleistet, dass das Handeln des Coachs nicht durch Lebenserfahrung begründet wird und fachlich nachvollziehbar ist.

Ein Coaching kann dahingehend in seiner Wirkung bewertet werden, ob Hypothesen anhand fachlicher Modelle gebildet wurden oder einer konstruktivistischen Deutung entspringent.

Zusammenspiel von induktiver und deduktiver Ebene
Bietet der Coach das Ergebnis seiner Bewertung seinem Coachee zur Reflexion an (Bsp.: “Mal angenommen, Sie würden mehr delegieren, welchen Vorteil hätten Ihre Mitarbeiter dadurch?”), so wird der Coachee nur über diesen angebotenen Zusammenhang reflektieren und ihn nach seinem emotionalen Nutzen bewerten. Er schließt weder (induktiv) auf generelle Zusammenhänge, noch hat er die FREIHEIT, die vom Coach zur Bewertung verwandte Struktur selbst zu verwenden und daraus (deduktiv) eigene Erkenntnisse abzuleiten.

Im Coachingverständnis der Neuen Hamburger Schule werden in jeder Phase des Coachingprozesses dem Coachee abstrakte Strukturen angeboten, aus denen er selbst konkrete Erkenntnisse für sein konkretes Thema ableitet (Deduktion). Er hat die Freiheit aus Alternativen zu wählen. Diese abgeleiteten Erkenntnisse wiederum nutzt der Coachee, um konkrete Zusammenhänge in Bezug auf sein Thema zu erkennen (Induktion).

Ein Coaching kann dahingehend in seiner Wirkung bewertet werden, ob eine deduktive, wissenschaftlich legitimierte Ebene bereitgestellt wird

Transparenz und Nachvollziehbarkeit
Damit eine nachhaltige Selbstorganisation des Coachee eintritt, wird der Prozess durch den Coach so transparent gehalten, dass es dem Coachee möglich ist, diesen Prozess selbst im Sinne der “Hilfe zur Selbsthilfe” für vergleichbare Themen zu nutzen.

Erbringt der Coachee diesen konstruktivistischen Transfer nicht, so wurde dieser Wirkfaktor vernachlässigt.

Ein Coaching kann dahingehend in seiner Wirkung bewertet werden, ob der Prozess für den Coachee transparent und nachvollziehbar war und auf selbstgewählte andere Themen übertragen werden kann.

Weiter

Prozessimplizite Wirkfaktoren