Prozessimplizite Wirkfaktoren
Diese Wirkfaktoren sind fester Bestandteil des Coachingprozesses.
Vereinbarung der Verantwortlichkeiten im Coaching
Der Coach verantwortet die Einhaltung der Struktur und die Organisation des Coachingprozesses, sowie den durch die Werte gebildeten Kommunikationskontext.
Der Coachee verantwortet die Entwicklung eigener Lösungen und deren Umsetzung in seine Praxis.
Sind diese Verantwortungen vereinbart, ist damit sowohl die Grundlage für die Beziehung zwischen Coach und Coachee geschaffen, als auch für das Vorgehen.
Vom Thema zum Ziel
Käme ein Coachee mit der Lösung zum Coaching, so stellt sich die Frage, warum er diese Lösung nicht einfach umsetzt. Am deutschen Coachingmarkt ist oft zu beobachten, dass ein Coaching direkt mit dem Ziel des Coachee startet. Um das Ziel zu erreichen, werden Ressourcen aktiviert und daraus Handlungsoptionen entwickelt. Ähnlich sieht es auch Sir John Whitmore in seinem GROW Modell. Was der Coachee im Coaching bekommt, ist eine konkrete Lösung, um eben dieses Ziel zu erreichen. Das Ziel kann dabei Maßnahmencharakter haben. Problematischer ist es jedoch, dass diese initiale Zielorientierung gleichzeitig die Wahrnehmung von Zusammenhängen einschränkt, deren Konstruktion letztlich zum Zielwunsch des Coachee geführt hat.
Nach der Hamburger Schule startet ein Coaching mit einem Thema, das noch keine Lösung enthält und nicht mit dem Ziel. Auf diese Weise wird als Wirkung die Wahrnehmung thematischer Zusammenhänge verbessert.
Erkennen thematischer Zusammenhänge
Orientiert am Kompetenzmodell geht es darum, den Kontext des Themas zu erfassen, um später in diesem Thema Handlungskompetenz zu erlangen. Nach der Hamburger Schule visualisiert der Coachee zunächst induktiv, dann deduktiv die für ihn erkennbaren thematischen Zusammenhänge. An dieser Stelle entsteht, dem Rubikonmodell Heinz Heckhausens, folgend als Wirkung eine Absichtsbildung aus der später das Ziel hervor geht.
Motivationsorientierte Zielformulierung
Das Ziel wird als konkret eingetretener zukünftiger Zustand in Futur II formuliert und unterliegt in seiner Formulierung motivationspsychologischen Anforderungen aus dem Rubikonmodell.
An dieser Stelle entsteht, dem Rubikonmodell Heinz Heckhausens, folgend als Wirkung der sprichwörtliche Sprung über den Rubikon, dh. das Bedürfnis einen späteren Handlungsplan auch umzusetzen.
Auseinandersetzung mit den Folgen des eingetretenen Ziels
Die Realisierung des Ziels hat Folgen für alles, was (systemisch) mit diesem Ziel zusammenhängt. Sind die Folgen für den Coachee emotional attraktiv, wird Motivation ausgelöst, sind sie emotional unattraktiv, so hat der Coachee die Möglichkeit, sein Ziel zu überdenken.
Ressourcenidentifikation orientiert am Kompetenzmodell
Da es im Coaching darum geht, Handlungskompetenz in Bezug auf ein Thema zu entwickeln, werden für jeden Bereich des Kompetenzmodells durch den Coachee selbst Ressourcen identifiziert. Damit steht ein umfassender Ressourcenpool zur Verfügung, aus dem der Coachee später die zur Organisation von Alternativen benötigten Ressourcen selbst auswählt.
Da eine Ressource grundsätzlich unter dem Gesichtspunkt “Zielerreichung” ausgewählt wird, werden die Ressourcen gleichzeitig aktiviert.
Analyse des bisherigen Entscheidungsverhaltens
Für den Fall, dass der Coachee bereits Lösungsversuche in Bezug auf sein Thema unternommen hat, ist es wichtig, dass der Coachee sein bisheriges Entscheidungsverhalten reflektiert im Hinblick darauf, wie er ein Thema analysiert und warum er sich für die bisherige Lösung entschieden hat – kurz: Wie er sich bisher in Bezug auf sein Coaching Thema selbst organisiert hat.
Die Erkenntnis des eigenen Entscheidungsverhaltens bewirkt einerseits, dass der Coachee bewusst entscheiden kann, ob er sich wieder so verhalten will, andererseits erkennt er, warum er bisher nicht erfolgreich war.
Strukturelle Ressourcen
Im Gegensatz zu “Versuch und Irrtum” benötigt eine reflektiert getroffene Entscheidung eine Rückmeldesystematik aus der heraus die Entscheidung legitimiert werden kann. Das heißt, die Entscheidung muss in ihrem thematischen Zusammenhang aus einer Struktur abgeleitet werden können.
Die Verfügbarkeit von strukturellen Ressourcen bewirkt, dass der Coachee über eine Orientierung zur Entwicklung von Handlungsalternativen verfügt.
Entwicklung von Handlungsalternativen vom Kontext her
Der Coachee will in einem Thema erfolgreich sein. Diesen Zustand hat als Ziel definiert. Das Ziel selbst repräsentiert den zukünftig veränderten Kontext. Um sein Ziel zu erreichen muss er seine Ressourcen so organisieren, dass ein alternatives Handeln in Bezug auf alles, was mit seinem Thema zusammenhängt entsteht. Auf diese Weise erreicht er sein Ziel.
Das bewirkt, dass keine “lineare” Lösung entsteht, sondern ein Lösunsgsystem, das aus Handlungen orientiert am Kontext besteht und später in einem Handlungsplan mündet.
Emotionale Attraktivität der Handlungen
Zur Entwicklung alternativer Handlungen stehen grundsätzlich Motive (Bereich der Persönlichen Kompetenz) als auswählbare Ressource zur Verfügung. Die Wirkung besteht darin, dass jede zukünftige Handlung, die emotional attraktiv ist, auch mit hoher Wahrscheinlichkeit umgesetzt wird.
Analyse potenzieller Probleme
Ein Handlungsplan ist nur so gut, wie er im Vorfeld bereits mögliche Probleme in der Umsetzung berücksichtigt. Als fester Bestandteil des Coachingprozesses bewirkt das eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit in der Umsetzung des Handlungsplans.
Controlling
Der Coachee kontrolliert selbst Abweichungen von seinem Handlungsplan und leitet Optimierungen ein. Er kann den Coachingprozess für ähnliche Themen nutzen oder zur Selbsthilfe bei auftretenden Problemen.
Zusammengefasst
Die Wirkfaktoren basierend auf dem Coachingverständnis der Neuen Hamburger Schule bilden eine umfassende theoretische Struktur ab, mit der es am Markt möglich ist, wirksame von unwirksamen Coachingansätzen zu unterscheiden.
Oder Sie fragen sich nach einem Coaching als Coachee einfach selbst “Was habe ich gelernt?”
Denn darum sollte es in jedem Coaching gehen: Der Coachee lernt, sich zukünftig selbst in seinem Coaching Thema und für ihn ähnlichen Themen zu organisieren. Er erwirbt Handlungskompetenz.
Eine Bewertung von Coachingansätzen oder Coachingverständnissen ist eine Bewertung, wie Lernen oder umgangssprachlich “Veränderung” organisiert wird. Dazu muss beschrieben sein, was durch die Lernform Coaching grundsätzlich erreicht sein soll, wie es erreicht wird (Coachingprozess) und innerhalb welcher Rahmenbedingungen das geschieht (Werteorientierung).
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