Coaching und Abzocke
Vermutlich ist Ihr erster Gedanke, dass jetzt ein Beitrag kommt, der sich damit beschäftigt, wie Coachs Ihre Kunden abzocken. Doch geht es um etwas anderes: Die Abzocke von Coachs.
Erst gestern erreichte mich ein Anruf von einem „Unternehmen“ in Berlin, in dem man mir anbot, dass 11 tatsächliche Kontakte zu Entscheidern hergestellt würden und man bei diesem (intimen) Treffen auch an der „blauen Stunde“ teilnehmen könne, einer Diskussionsrunde. Zunächst einmal ganz interessant. Warum nicht? Nach wiederholtem Nachfragen – es war schwer in der geballten Nutzenargumentation als Kunde überhaupt Gehör zu finden – rückte mein Gegenüber endlich mit den Kosten raus. Wohl, um den Spannungsbogen noch ein wenig zu beanspruchen: 14500,00€.
Wohl gemerkt – es geht nur um Gesprächstermine.
Neben dieser Geschäftsidee gibt es noch die Geschäftsidee „Teilnahme an einem Buch“.
Wenn erfolgreiche Coachs Ihre Methoden vorstellen, kann schon der Impuls auftauchen, dazu gehören zu wollen. Gegen einen Kostenbeitrag werden 6-8 Seiten abgedruckt.
Eine Veröffentlichung hat meist einen werblichen Nutzen, unabhängig von der eigenen Befindlichkeit. So war der Vertrag rasch geschlossen. Schließlich sollte es schon das zweite Buch dieser Reihe werde, Recherchen zum ersten Buch haben nur ergeben, dass es zwar bei Amazon zu finden ist und bisher nicht bewertet wurde.
Umso enttäuschender denn das fertige Produkt: Manche Coachs stellten sich werblich vor, manche skizzierten ihre Einsichten, ganz wenige stellten überhaupt eine Methode vor. Alles in unterschiedlichen Schriftgrößen, unterschiedlicher Typografie und stetig wechselnder Struktur. Eine Grafik vom Cover zur Eigenwerbung gab´s nicht.
Die Peinlichkeit übersteigt den werblichen Nutzen. (Das war im letzten Jahr)
Kontinuierlich erreichen mich Anrufe, in denen man mir eine Partnerschaft anbietet, verbunden mit dem Zugang zu Kunden und Aufträgen. Lediglich ein Eintrittsgeld, das, je nach Anrufer zwischen 10TSD und 45TSD Euro beträgt, sollte gezahlt werden.
Wie ich gerade von einem Kollegen erfuhr, ist damit nie ein ROI verbunden. Personen, die diese Partnerschaften eingegangen sind, haben Ihre Entscheidung bereut. Um Kunden mussten sie sich nachwievor selbst bemühen. Die „tollen Synergieeffekte“ blieben aus.
Auf den ersten Blick erscheinen Angebote, die Kunden für Coachs durch Auslagerung der Akquise an den Dienstleister versprechen, seriös. Es wird viel interviewt, um zu verstehen, was das Produkt, die Zielgruppe und der Nutzen ist. Auch Anflüge von Marketing-know-how blicken durch. Zwischendurch erhält man eine Excelliste mit den vielen Kontaktdaten und dem Stand der Akquise. „Diese Kontakte sind gold wert“ so der Akquisiteur. Immerhin haben sich wohl 5 der Kontakte breitschlagen lassen, sich wenigstens Werbematerial senden zu lassen. Ein Nachtelefonieren von meiner Seite, nachdem ich den Auftrag beendet habe, ergab, dass man wohl um Ruhe zu haben eingewilligt hat. Erschreckend dann das eigentliche Resultat: Überhaupt kein Kunde. Die Investition hätte für einen sehr schönen Urlaub gereicht.
Etwas aus der Mode gekommen ist der „Gebietsschutz“. Vor zehn Jahren war das ein beliebtes Modell, einem Coach ein bestimmtes Gebiet zu offerieren, in dem nur er „wildern“ darf und dafür ebenfalls einige tausend Euro zu verlangen.
Falls hier ähnliche Erfahrungen gemacht worden, freue ich mich über einen Beitrag im Blog.
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